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Oct 29, 2025

Marktforschungsunternehmen als neues Ziel chinesischer Restriktionen

Michael Laha
Chips China
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In den vergangenen Wochen bestimmten chinesische Restriktionen im Bereich Batterie- und Rohstofftechnologien erneut die weltweiten Schlagzeilen – und dabei ging eine weitere wichtige Maßnahme fast unter: Neue westliche Unternehmen wurden auf Chinas sogenannte „Unreliable Entity List“ gesetzt.

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Besonders bemerkenswert ist, dass darunter mehrere Marktforschungsunternehmen sind – etwa das kanadische Unternehmen TechInsights.

Warum ist TechInsights betroffen? Das Unternehmen ist seit Jahren dafür bekannt, chinesische Technologien – etwa Huawei-Smartphones – in detaillierten Teardowns zu analysieren. Ziel solcher Untersuchungen ist es festzustellen, ob in chinesischen Produkten noch westliche Technologie verbaut ist oder diese inzwischen durch heimische Alternativen ersetzt wurde.

Zu den betroffenen Firmen zählt auch die deutsche StrategyAnalytics GmbH, die vor einigen Jahren von TechInsights übernommen wurde. Ebenfalls auf der Liste steht Recorded Future, ein US-Unternehmen, das Daten zu Cyberakteuren – darunter auch chinesische – sammelt und an das US-Militär sowie Nachrichtendienste verkauft.

Während der ersten Biden-Administration spielte TechInsights eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Wirksamkeit der US-Exportkontrollpolitik. Allerdings bedeutet das nicht, dass das Unternehmen stets im Widerspruch zu chinesischen Darstellungen steht.

Im September 2023, am selben Tag, an dem US-Handelsministerin Gina Raimondo nach China reiste, berichtete Huawei, dass im neuen Mate 60- Smartphone ein Chip mit 7-Nanometer-Technologie verbaut sei. Das anschließende Teardown von TechInsights bestätigte diese Behauptung – ein deutliches Signal für das US-Handelsministerium, das die Exportkontrollen durchsetzt, dass US-Ausfuhrkontrollen nur teilweise ihr Ziel erreichen. 

Im vergangenen Sommer veröffentlichte TechInsights jedoch eine Analyse, die der chinesischen Regierung nicht zu Gunsten kam: Der neue Ascend-Chip von Huawei sei nicht, wie von Peking behauptet, vollständig durch eine chinesische Wertschöpfungskette hergestellt worden. Auch südkoreanische und taiwanische Unternehmen seien beteiligt gewesen. 

Damit untergraben Marktforschungsunternehmen wie TechInsights ein zentrales Narrativ der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) – nämlich, dass die US-Exportkontrollen wirkungslos seien und China dadurch lediglich zu größerer technologischer Eigenständigkeit in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Hochleistungshalbleiter motiviert worden sei und erfolgreich sich von westlicher Technologie abschotten konnte.

Dieser Konflikt bildet den Kern des technologischen Wettstreits zwischen den USA und China. Gelingt es Peking, andere Länder davon zu überzeugen, dass die US-Kontrollen ineffektiv sind, könnten westliche Unternehmen stärkeren Druck auf ihre Regierungen ausüben, die Maßnahmen zu lockern. Auch Partnerstaaten wie die Niederlande und Japan, die sich den US-Exportbeschränkungen angeschlossen haben, könnten dadurch ins Wanken geraten.

Die „Unreliable Entity List“ selbst hat ihren Ursprung in der Auseinandersetzung um Huawei. Nachdem das chinesische Unternehmen 2019 von den USA auf die „Entity List“ gesetzt wurde – mit der Begründung, es gefährde die nationale Sicherheit und außenpolitischen Interessen der USA – kündigte das chinesische Handelsministerium an, ein ähnliches Instrument einzuführen.

Diese Liste ist Teil eines wachsenden chinesischen Instrumentariums, das in vielerlei Hinsicht die amerikanischen Maßnahmen mehr oder weniger eins zu eins kopiert.

Die Aufnahme von Marktforschungsfirmen auf die Liste signalisiert eine Erweiterung des chinesischen Sanktionsziels. Zuvor waren vor allem USRüstungsunternehmen betroffen, insbesondere Tochterfirmen von Konzernen wie Raytheon, die Geschäftsbeziehungen zu Taiwan unterhalten.

Für die nun gelisteten Marktforschungsunternehmen werden die praktischen Folgen vermutlich gering bleiben: Sie beziehen keine chinesischen Zulieferungen, reisen kaum nach China und verfügen über keine chinesische Kundschaft. Dennoch hat die Maßnahme symbolische Bedeutung.

Sie zeigt, dass nun auch Unternehmen ins Visier geraten, die Chinas technologischen Fortschritt öffentlich analysieren und deren Erkenntnisse von Politik und Medien genutzt werden.

Damit weitet sich Chinas Verständnis des eigenen Rufschadens aus – von Kritik an Menschenrechtsfragen in Hongkong oder Xinjiang nun hin zur technologischen Führungsfrage.

Der Artikel ist ursprünglich am 23. Oktober 2025 in der SZ erschienen, und hier zu finden.

Bibliographic data

Laha, Michael. “Marktforschungsunternehmen als neues Ziel chinesischer Restriktionen.” October 2025.

Der Artikel ist am 23. Oktober 2025 in der SZ erschienen. Hier geht es zum vollständigen Beitrag.

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